Politisches Klima im Wandel

Es sind aber nicht nur diejenigen, die aktiv fremdenfeindliche Straftaten begehen, die diese aktuelle Klimaveränderung mittragen. Es ist auch die schweigende Mehrheit, die sich öffentlich nicht dazu verhält, die dies möglich macht. Jeder ist hier in der Verantwortung für Toleranz und Demokratie einzutreten.

Nun hat es auch in unserer Gemeinde, in der die Aufnahme und Integration der Geflüchteten als gelungen bezeichnet werden darf, einen fremdenfeindlichen Anschlag gegeben. 

Noch ist unklar, wer der oder die Täter sind. Es ist aber klar, wer für den aufziehenden gesellschaftlichen Klimawandel, der solche Anschläge herausfordert, verantwortlich ist. Denn wer Angst sät, wird Hass und Gewalt ernten. Dies hat sich in der deutschen Geschichte schon öfter bestätigt.

Aus einer humanitären Frage zum Thema Flüchtlinge ist im großen politischen Diskurs eine Frage der Sicherheit geworden. Mit einer unfassbaren Unbarmherzigkeit wird mittlerweile die Lösung der Flüchtlingsfrage wie selbstverständlich mit der lückenlosen Abschottung der europäischen Außengrenzen verbunden. Nicht wie wir den Menschen helfen können, steht im Vordergrund der Überlegungen, sondern wie wir verhindern können, dass hilfsbedürftige Menschen europäisches Festland betreten. Die Hilfsbedürftigkeit hat sich zur Bedrohung verwandelt, die Mitmenschlichkeit in Menschenverachtung. Lieber die Verwaltung der vielen Kriegsflüchtlinge einem zunehmend despotisch geführten türkischen Staat überlassen, dessen Bürger wir wiederum als Flüchtlinge anerkennen, als die Menschen herein zu bitten. 

Dabei ist die spontane und selbstlose Hilfsbereitschaft Menschen gegenüber, die in großer Not sind, dem Menschen angelegt. Dies bestätigt die 30-jährige Forschung des Katastrophenzentrums in der Universität von Delaware, das anhand von 700 Katastrophen untersucht hat, wie sich Menschen in Katastrophen verhalten. Das Ergebnis ist, dass das prosoziale und nicht das asoziale Verhalten gestärkt wird. Dies spiegelt sich in den unzähligen Willkommensinitiativen mit ihren vielen aktiven Unterstützern wider, die sich spontan landauf landab gebildet haben. 

Angst vor dem Anderen ist jedoch das Gift, das dieses Verhalten zerstört. Dann wird aus dem Mitmenschen ein Feind, dem man Schlechtes wünscht. Es ist in unserem Land viel gefährlicher als Migrant unter Deutschen zu wandeln als umgekehrt.

Fremdenfeindliche Anschläge finden genau in den Bundesländern am Häufigsten statt, in denen es die wenigsten Migranten gibt, so z.B. in Brandenburg mit 2,6% Ausländeranteil (s. Jahresbericht der Bundesregierung zum Stand der deutschen Einheit). Dies zeigt auch, je weniger Kontakt es mit dem „Fremden“ gibt, desto mehr lässt man sich von dieser Angst vor dem „Fremden“ anstecken. Für uns von der Willkommensinitiative war es daher von Anfang das wichtigste Element unseres Handelns, möglichst viele Kontakte und Beziehungen zwischen Birkenwerderanern und Geflüchteten zu schaffen. Diese Strategie hat viele schöne Früchte getragen. 

Es sind aber nicht nur diejenigen, die aktiv fremdenfeindliche Straftaten begehen, die diese aktuelle Klimaveränderung mittragen. Es ist auch die schweigende Mehrheit, die sich öffentlich nicht dazu verhält, die dies möglich macht. Jeder ist hier in der Verantwortung für Toleranz und Demokratie einzutreten.

Der Vorsitzende der CSU, Horst Seehofer, und rechte Parteien wie die AFD schüren die Angst vor der fremden Religion und betonen die Werte des christlichen Abendlandes.

Wer sich als Retter des christlichen Abendlandes selbst auserkoren hat, der sollte sich mal zu Gemüte führen, was ein christlicher Religionsführer, Papst Franziskus, zu dem Thema Flüchtlinge sagt (Quelle: Rede: Wo ist dein Bruder?). In einer für Christen und Nicht-Christen sehr bemerkenswerten Rede sieht der Papst uns Europäer in der Verantwortung diesen Menschen, die Leib und Leben aufs Spiel setzen, die rettende Hand auszustrecken. Nächstenliebe und Barmherzigkeit sind die Gebote der Stunde, und wenn wir uns abschotten und wegsehen, stehen wir auf einer Stufe mit Kain, der seinen Bruder Abel erschlagen hat. Wir lassen zu, dass das Meer zu einem großen Grab wird, in dem die verzweifelten Menschen, zu Tausenden ertrinken. Wir alle sind hierfür verantwortlich und in der Verantwortung, die Hand auszustrecken. Wir alle sind in der Verantwortung in unserer Gesellschaft Toleranz und Mitgefühl zu stärken.

Willkommen in Birkenwerder e.V.

Thomas Hirth

Quellen: